Nächsten Montag startete Amra Sadikovic (WTA 238) bei einem
Turnier in Frankreich in die neue Saison. Im Gespräch erzählt sie von den
Schwierigkeiten des Profialltags ausserhalb der Top 100 und von ihren
Ambitionen fürs nächste Jahr.
Eigentlich hätte das Treffen mit Amra Sadikovic im
nationalen Leistungszentrum von Swiss Tennis in Biel stattfinden sollen, wo
sich die Aargauerin zur Zeit auf die neue Saison vorbereitet. Aufgrund eines
kurzfristig nötig gewordenen Termins beim Physiotherapeuten, wurde dieses
jedoch nach Brugg verlegt. „Ich habe gestern nach dem Training noch geboxt. Das
war zu viel und nun kann ich den Kopf kaum mehr drehen“, erzählt Sadikovic
schmunzelnd.
Trennung vom Coach
Der Besuch beim Physiotherapeuten hat jedoch auch etwas
Positives: Sadikovic kann kurz bei ihrer Familie in Birr vorbeischauen. „Meine
Familie und mein Freund sind mir mega wichtig. Leider sehe ich sie viel zu
selten“, so die 23-Jährige. Umso mehr genoss sie die trainingsfreie Zeit über
die Festtage, die sie mit ihren Liebsten verbrachte.
Das letzte Jahr lief für Sadikovic nicht wunschgemäss. Sie
fühlte sich gut und ihren Trainingsleistungen stimmten, doch die Umsetzung im
Match klappte nicht. Aufgrund der ausbleibenden Resultate wurde auch das
finanzielle Polster dünner und so musste sie sich im Mai von ihrem Trainer
Martin Sinner trennen. „Ich wollte unbedingt mit ihm weiter arbeiten, aber es
war finanziell nicht machbar“, sagt Sadikovic. Auf rund 50 000 Franken pro Jahr
belaufen sich allein ihre Reisekosten, doppelt so viel musste sie für Trainings
und Betreuung durch Sinner noch drauflegen. Trotz grosser Unterstützung der
Familie, der Sponsoren, dem Verband und ihrem Manager Beny Ruhstaller musste
sie eine Alternative suchen.
Lange Reisen und
Gastfamilien
Das Finden eines adäquaten Ersatzes für Sinner gestaltete
sich jedoch schwieriger als erwartet und so jettete Sadikovic den Rest der
Saison allein um den Globus. Sie wählte ihre Turniereinsätze selber aus und
organisierte sowohl die Reisen als auch die Trainings in Eigenregie. Eine
schwierige Situation für die 23-Jährige. Hinzu kam, dass sie auch bei Reisen
und Unterkünften stets aufs Geld achten musste. So war sie in Europa oft mit
dem Zug oder dem Auto unterwegs und wenns nach Übersee ging, mied sie teure
Direktflüge und versuchte bei Gastfamilien unterzukommen. Hotels lagen nicht
drin. „Teilweise gings nicht anders und dann teilte ich mir das Zimmer mit
anderen Spielerinnen“, erzählt Sadikovic. Trotzdem fühlte sie sich auf längeren
Reisen oft einsam. „Freundschaften sind auf der Tour kaum möglich, schliesslich
sind wir Konkurrentinnen. Für mich ist es daher wichtig, eine Person dabei zu
haben, der ich vertrauen kann“, sagt sie.
Obwohl sich der Tour-Alltag von Amra Sadikovic weit weg vom
Luxus und Glamour der Topstars abspielt und sie viel Energie aufwenden muss, um
überhaupt an die Turnierorte zu gelangen und Trainingsgelegenheiten zu finden,
möchte sie ihren Beruf auf keinen Fall missen. „Ich kann jeden Tag das tun, was
ich liebe. Das ist ein sehr schönes Leben“, versichert sie.
Wichtiges Jahr
Im neuen Jahr will Sadikovic endgültig durchstarten. „Bisher
fehlte noch die Konstanz“, erklärt sie. Diese scheint sie nun gefunden zu
haben. In Biel hat sie mit Glenn Schaap und Heinz Günthardt zwei kompetente
Trainer an ihrer Seite. Während der Saison wird sie zudem vermehrt
Trainingsblöcke und Pausen einschalten, um sich zu erholen. Zusätzlich hat
Sadikovic mit dem ehemaligen Tennisprofi Muhamed Fetov einen idealen Betreuer
für die Auslandturniere gefunden. „Ich kenne Muhi schon sehr lange. Wir
verstehen uns auf und neben dem Platz super“, schwärmt sie.
Diese neue Konstellation soll Amra Sadikovic die nötige Ruhe
und Gelassenheit geben, um sich voll auf den Tennissport zu konzentrieren. „Im
nächsten Jahr muss etwas gehen. Ein Platz in der Nähe der Top 100 ist das
Ziel“, erklärt sie.
Text von Fabio Baranzini, Bild zur Verfügung gestellt
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