Noch bis am Samstag kämpft der internationale Tennisnachwuchs an der Swiss Junior Trophy in Oberentfelden um wichtige ITF-Punkte. Mit dabei sind auch zwei Schweizer, die nicht nur in der heimischen Tennisszene für Gesprächsstoff sorgen.
Die Tenniskarrieren von Mario (15, rechts) und Marko (14, links) Osmakcic aus Rafz sind, gelinde gesagt, ungewöhnlich. Sie spielen nicht seit dem frühesten Kindesalter Tennis, sie werden nicht von einem hochdekorierten Coach betreut und die Trainingsbedingungen entsprechen nicht den hiesigen Standards. Bei den Osmakcics läuft alles ein wenig anders. Trotzdem reihen sie Sieg an Sieg.
Die beiden Teenager spielen erst seit gut fünf Jahren Tennis. Im Vergleich zu vielen anderen haben sie spät begonnen. Betreut werden sie von ihrem Vater Franjo. Das allein ist noch nicht ungewöhnlich. Ungewöhnlich wird es erst, wenn man weiss, dass dieser gelernter Ingenieur ist, selber nicht Tennis gespielt und daher auch keine Trainerausbildung absolviert hat. Doch damit nicht genug. Auch die Trainingsbedingungen sind alles andere als alltäglich. Trainiert wird in Bülach und Bassersdorf. Jeden Tag schlagen die beiden mehrere Stunden die gelben Filzkugeln übers Netz. Eine Sportschule besuchen sie aber nicht. Mario absolviert die Informatikmittelschule, Marko ist in der dritten Sek. Jeweils ab 17 Uhr sind die Osmakcics auf der Tennisanlage. Spielen tun sie dann, wenn ein Platz frei ist. Das ist nicht immer der Fall und so kommt es immer mal wieder vor, dass die Trainings fast bis Mitternacht dauern. „Das ist schon sehr hart, vor allem wenn wir am nächsten Morgen wieder um sechs aufstehen müssen. Freizeit bleibt da keine“, sagt Mario.
Quantität statt Qualität
Wenn die Osmakcics erklären, wie sie trainieren, würden manch einem Tennistrainer die Haare zu Berge stehen. „Da wir später begonnen haben als die meisten anderen, mussten wir viel aufholen. Daher haben wir in den ersten Jahren einfach so viele Bälle wie möglich geschlagen, die Technik stand dabei nicht im Vordergrund“, erklärt Franjo Osmakcic sein Rezept. Dieser Ansatz, den der gebürtige Kroate selber entwickelt hat, steht ziemlich genau im Gegensatz zu dem, was in jedem Tennislehrbuch zu lesen ist.
Doch der Erfolg gibt der Familie Osmakcic bisher Recht. Vor allem das Palmarès des 14-jährigen Marko ist beeindruckend: Er holte sich 2011 den Sieg bei den U13 French Open, war die Weltnummer 1 bei den unter 14-Jährigen und ist amtierender Vize-Weltmeister in derselben Kategorie. In der Schweiz ist Marko Osmakcic in seinem Jahrgang die unangefochtene Nummer 1. Aber auch sein älterer Bruder Mario gehört seit Langem zu den Top 3 des Landes und wurde 2010 Schweizer Junioren Meister.
Legenden sollen sie werden
Auch wenn Mario und Marko Osmakcic mittlerweile zwei bis drei Mal pro Woche bei Roy Sjögren in Lachen (Sz) trainieren, bleibt Vater Franjo der unbestrittene Chef. „Das hat den Vorteil, dass ich alles unter Kontrolle habe. Ich kann jeden Schlag korrigieren“, sagt er. Hängt da nicht manchmal der Haussegen schief, wenn die drei so viel Zeit zusammen verbringen? „Nein. Mein Vater war schon immer Vater und Trainer in einem. Da habe ich noch gar nie darüber nachgedacht“, so Marko. Mit seinem Bruder kann es im Training allerdings zu kleineren Auseinandersetzungen kommen. „Wenn wir Punkte spielen, gibt es ab und zu Diskussionen, vor allem bei engen Bällen“, meint Mario lachend.
Angesprochen auf ihre Ziele, haben die Osmakcics eine klare Antwort bereit. Diese ist – wie könnte es anders sein – ungewöhnlich. „Meine Söhne sollen Legenden werden“, so der Vater. Er sagt es überzeugt und ohne zu zögern. „Je grösser die Ziele sind, desto einfach sind sie zu erreichen“, fügt Marko an. Ob der unkonventionelle Weg der Osmakcics weiterhin von Erfolg gekrönt sein wird, bleibt abzuwarten.
Text und Bild von Fabio Baranzini
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