Stefanie Vögele: Ich habe mir einen Muskelfaserriss im linken Oberschenkel zugezogen und muss daher drei bis vier Wochen aussetzen. Meine geplanten Ferien werden dadurch gar etwas verlängert. So betrachtet ist der Zeitpunkt der Verletzung gar nicht so schlecht. (lacht)
Wie sehen Ferien bei Ihnen aus? Haben Sie nach den vielen Reisen während der Saison überhaupt noch Lust, ins Ausland zu gehen?
Letzte Woche verbrachte ich einige Tage mit Wellness im Schwarzwald. Obwohl, Ferien darf man dem ja fast nicht sagen, wenn ich nur gerade eine Stunde von zu Hause weg bin. Ich hatte jedoch keine Lust, wieder ins Flugzeug zu steigen, denn in dieser Saison bin ich schon genug gereist. Die restlichen Ferientage werde ich bei meiner Familie in Leuggern verbringen.
Wie wichtig ist Ihnen die Zeit mit Ihrer Familie?
Die wird mir immer wichtiger. Früher war ich manchmal froh, dass ich von zu Hause weg kam, aber jetzt geniesse ich die Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden umso mehr. Bei ihnen kann ich viel besser abschalten, als wenn ich allein in meiner Wohnung in Biel bin und die Abende vor dem Fernseher verbringe.
Sie können auf Ihre mit Abstand erfolgreichste Saison zurückblicken. Was war ihr persönliches Highlight?
Es gab verschiedene Höhepunkte, aber das Erreichen der dritten Runde an den French Open war schon speziell. Ich bin aber mit der ganzen Saison sehr zufrieden.
Im Vergleich zu früheren Jahren fällt auf, dass Ihre Leistungen konstanter geworden sind.
Ja, die Konstanz war der Schlüssel zum Erfolg. Ich konnte aber mein Spiel in allen Bereichen weiterentwickeln. Dennoch sind die guten Resultate nicht selbstverständlich. Nur weil ich einmal eine Spitzenspielerin geschlagen habe, kann ich nicht erwarten, dass es so weiter geht. Ich muss meine Leistung jedes Mal wieder bestätigen. Sobald ich nicht ganz auf der Höhe bin, reicht es nicht mehr. Das musste ich auf der Amerika-Tour im Sommer feststellen, als ich einige unnötige Niederlagen kassierte.
Wie schwierig war es, aus dieser Negativspirale auszubrechen? Nach der wenig erfolgreichen Amerika-Tour folgten ja auch noch zwei Erstrundenniederlagen in Asien.
Das ar in der Tat nicht ganz einfach. Vor allem weil ich jeweils mehrere Wochen unterwegs war und es nach einer Niederlage sechs oder sieben Tage dauerte bis zum nächsten Match.
Da blieb viel Zeit, um über Niederlagen nachzudenken.
Ja, es kam schon vor, dass ich am Abend oder auch noch am darauffolgenden Tag über eine Niederlage nachdachte. In solchen Situationen darf ich mich aber nicht runterziehen lassen und ein verlorenes Match als Weltuntergang betrachten. Das ist einfacher gesagt als getan, aber es gelingt mir immer besser. Ich bin mental stärker geworden und habe mehr Selbstvertrauen. Das zeigten auch die Halbfinalqualifikationen in Linz und Luxemburg, die direkt auf die Niederlagen in Amerika und Asien folgten.
Bei diesen beiden Turnieren haben Sie gleich fünf Mal in drei Sätzen gewonnen. Zufall?
Ich hatte schon immer die Tendenz, langsam zu starten. Vielleicht sollte ich jeweils vor meinen Matches einen Satz auf dem Trainingsplatz spielen, damit ich bereit bin. (lacht) Es ist ein gutes Zeichen, dass ich diese Matches alle gewonnen habe, aber ich muss unbedingt daran arbeiten, dass ich den Start nicht verschlafe.
Dank Ihren starken Leistungen stehen Sie vermehrt im Fokus der Öffentlichkeit und werden zu Anlässe wie beispielsweise dem Super10Kampf eingeladen. Geniessen Sie das?
Ich bin nicht jemand, der die Aufmerksamkeit sucht und sich selbst einlädt, um sich zu zeigen. Auftritte in der Öffentlichkeit gehören zu meinem Beruf und ich komme diesen gerne nach. Vor allem über die Einladung zum Super10Kampf habe ich mich sehr gefreut. Ich verstehe diese als Anerkennung für meine guten Leistungen in diesem Jahr auf. Umso schwieriger fiel es mir, dass ich wegen meiner Verletzung absagen musste. Jetzt schaue ich mir das Ganze halt von der Tribüne aus an und geniesse das Buffet.
Mit dem sportlichen Erfolg steigt nicht nur das Interesse der Öffentlichkeit sondern auch das Preisgeld. Sie haben in diesem Jahr 360'000 Franken verdient, was in etwa der Hälfte dessen entspricht, was Sie zuvor in neun Profijahren verdient haben. Was bedeutet Ihnen das?
Es ist sicher schöner, wenn man mehr verdient und beispielsweise bei Reisen nicht aufs Geld schauen muss. Ich spiele aber nicht Tennis wegen dem Geld. Ich sehe das mehr als Bonus dafür, dass ich meine Arbeit gut mache und gönne mir dann ab und zu etwas Schönes.
Text und Bild von Fabio Baranzini
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