Das Tennisjahr 2012 neigt sich dem Ende entgegen. Der optimale Zeitpunkt also, einmal einen genaueren Blick auf die besten Akteure des Kantons zu werfen und ihre Saison unter die Lupe zu nehmen: Im zweiten Teil mit Stefanie Vögele, Amra Sadikovic und Karin Kennel.
Name: Stefanie Vögele
Alter: 22
Aktuelles Ranking: 93
Ranking Anfang 2012: 138
Trend: steigend
Der Auftakt ins Tennisjahr 2012 liess aus der Sicht der besten Aargauer Tennisspielerin Gutes erahnen. Bei drei WTA-Turnieren in Australien qualifizierte sie sich zwei Mal fürs Hauptfeld, darunter auch an den Australien Open, wo sie in der Startrunde beinahe gegen die Top 20 Spielerin Sabine Lisicki gewonnen hätte. Hinzu kam im Februar noch ein Sieg im Fed Cup gegen die Australierin Jarmila Gajdosova (WTA 40) und im April die Achtelfinalqualifikation beim WTA-Turnier von Charleston. In der Weltrangliste war sie bereits auf Rang 120 klassiert und es schien nur eine Frage der Zeit zu sein, bis Vögele die Top 100 - ihr Saisonziel - knacken würde.
Doch dann schwächten zwei Magen-Darm-Grippen die 22-Jährige aus Leuggern und in der Folge blieben die Resultate aus. Bei neun Turnieren konnte sie nie zwei Siege aneinander reihen und auch im Interclub mit GC blieb sie deutlich unter den Erwartungen. Mit den vermehrten Niederlagen kamen auch negative Gedanken auf: "In wichtigen Situationen dachte ich an die letzten Niederlagen und konnte mich nicht mehr aufs Wesentliche konzentrieren", sagte Vögele im August.
Die kurz darauffolgenden US Open waren dann aber so etwas wie die Initialzündung für einen äusserst erfolgreichen Herbst. Nach der Qualifikation fürs Hauptfeld in New York, gewann sie zwei ITF-Turniere und erreichte je einmal den Final und den Halbfinal. Dank diesen starken Resultaten schaffte sie Ende November nach über zwei Jahren die lang ersehnte Rückkehr in die Top 100. "Seit den US Open stimmen die Resultate. Auch wenn ich nicht immer optimal spielte, habe ich mich durchgekämpft und gewonnen. Das ist gut fürs Selbstvertrauen", resümiert Vögele ihre zweite Saisonhälfte.
Name: Amra Sadikovic
Alter: 23
Aktuelles Ranking: 228
Ranking Anfang 2012: 220
Trend: gleich bleibend
"Gegen Ende der Saison konnte ich nochmals Gas geben. Trotzdem hätte das Jahr besser verlaufen können", so fasste Amra Sadikovic ihre Tennissaison 2012 zusammen. Treffender hätte man es nicht formulieren können.
Nach einem fulminanten Saisonende im Vorjahr, war Sadikovic zu Beginn der Saison nahe dran, die Top 200 zu knacken. Dies schaffte sie dank ihren zwei Turniersiegen in der Schweiz (Fällanden und Chiasso). Mit Rang 179 erzielte sie ihr bisher bestes Ranking. Doch dann kam das Tief. Sie erreichte von April bis November kein einziges Mal die Halbfinals auf der ITF-Tour. Die Konstanz fehlte und so fiel sie in der Weltrangliste wieder aus den besten 200. Als Grund für die mässigen Resultate gab die 23-Jährige aus Birr im Sommer mentale Probleme an. "Ich mache mir zu viele Gedanken und will alles perfekt machen. Ich verzeihe mir selber keine Fehler", erklärte Sadikovic.
Glücklicherweise musste sie in dieser Phase der Saison nicht allzu viele Punkte verteidigen und so hielt sich der Rückfall in der Weltrangliste in Grenzen. Der erhoffte Angriff auf die Top 100 blieb jedoch aus. Immerhin konnte sie an den Grand Slam Turnieren von Paris, London und New York erste Erfahrungen sammeln.
Gegen Ende des Jahres kam dann die eingangs erwähnte Steigerung. Sadikovic holte den Titel in Helsinki und wurde vergangene Woche erstmals in ihrer Karriere Schweizer Meisterin - also trotzdem noch ein versöhnliches Saisonende für die gross gewachsene Serve-and-Volley-Spezialistin. "Immerhin konnte ich mein Ranking halten und kann nächste Saison wieder angreifen“, bilanziert Sadikovic.
Alter: 17
Aktuelles Ranking: 30 (ITF) / 1011 (WTA)
Ranking Anfang 2012: ca. 120 (ITF) / kein Ranking
Trend: steigend
Aus sportlicher Sicht verlief die Saison von Karin Kennel äusserst erfolgreich. Die 17-jährige Entfelderin erreichte zu Beginn des Jahres in Südafrika zwei Mal die Habfinals bei Juniorenturnieren der drittgrössten Kategorie und liess dann im Juli gar noch die erste Finalqualifikation in Holland folgen, ebenfalls bei ein Turnier der dritten Kategorie. Mit dem bisher grössten Erfolg ihrer Karriere, der Finalqualifikation beim Grad A-Turnier im Japanischen Osaka Ende Oktober, krönte sie ihre starke Saison. In der Juniorenweltrangliste verbesserte sich Kennel um beinahe 100 Ränge und hat sich in den Top 30 etabliert. Auch bei den Frauen wird sie in diesem Jahr erstmals in der Weltranglisten geführt. Bei den Profis sticht vor allem die Halbfinalqualifikation in Fällanden ins Auge.
Doch nicht alles lief rund in diesem Jahr. Einerseits hatte Kennel wiederholt mit Rückenproblemen (Bandscheibenvorfall) zu kämpfen und musste mehrmals pausieren. Nach eigenen Aussagen soll sie die Schmerzen nun aber im Griff haben und wieder beschwerdefrei aufspielen können.
Andererseits sorgte Kennel im Sommer für weitere Schlagzeilen: Es kam zur Trennung von Coach Freddy Blatter und darauf folgte der Wechsel von Oberentfelden nach Biel ins nationale Leistungszentrum von Swiss Tennis (detailliertere Informationen hier). Der Wechsel scheint sich jedoch bezahlt zu machen: Die Resultate stimmen und Kennel fühlt sich wohl in Biel. "Ich bin zufrieden mit meinem Spiel und habe mich gut eingelebt", sagt sie. Diesen Eindruck bestätigte sie vergangene Woche an den Schweizer Meisterschaften, als sie in den Viertelfinals nur knapp an Timea Bacsinszky (WTA 180) scheiterte, nachdem sie in der Runde zuvor Lisa Sabino (WTA 566) geschlagen hatte.
Bilder und Text von Fabio Baranzini